Zehn Dollar kostet die CD neu bei amazon.com, die nun in der Kategorie „Best Historical Album“ ausgezeichnet wurde: Hank Williams „The Garden Spot Programs, 1950“. Nichts gegen Hank Williams, nichts gegen den Preis von 10 Dollar, nichts gegen diese 65 Jahre alten Country Aufnahmen. Die Wahl der Grammy Mitglieder zeigt vielmehr, dass sie entweder keine Ahnung von dem haben, was sie da treiben oder die ganze Wahl ein abgekartetes Spiel ist. Einfach unglaublich!
Warum ich mich so aufrege? Ganz einfach, denn zur Wahl stand auch die wahrscheinlich bedeutendste historische Veröffentlichung, die es je gab, gibt und wohl geben wird. „Black Europe: The Sounds And Images Of Black People In Europe Pre-1927„, veröffentlicht auf dem deutschen Label Bear Family Records. Rainer Lotz, Jeffrey Green und Howard Rye haben an diesem einmaligen Monumentalwerk Jahre gearbeitet, in Archiven und Sammlungen in aller Herren Länder nach Aufnahmen gesucht. Die Produzenten und Musikhistoriker haben auf 44 (!) Cds 1244 Aufnahmen zusammen getragen, das ganze mit reichlich Bild- und Hintergrundmaterial zu jedem Song in zwei gebundenen Büchern ergänzt. Hinzu kam ein Label, das sich überzeugen ließ, solch ein aufwendiges Projekt zu unterstützen und zu finanzieren. Mit „Black Europe“ wurden in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe gesetzt, an denen sich zukünftige Boxsets messen lassen müssen.
Black Europe
Was die Grammy Juroren, die höchstwahrscheinlich gesäßfreundlich im Sessel lieber Justin Timberlake und Jay Z hören als knisternde Recordings aus den Anfangszeiten der Aufnahmetechnik, mit so einer Entscheidung sagen ist ganz klar: Egal was, der Aufwand lohnt sich nicht. Wenn historische Aufnahmen, bei aller Wertschätzung für Hank Williams, bei einer Radioperformanceserie aus den 1950er Jahren aufhören, dann haben da einigen Leutchen in der Jury ihren Job verfehlt.
In den Pop, Rock, HipHop, R&B, eben den verkaufsstarken Genres, gewinnen immer die üblich Verdächtigen. Von daher waren die Grammys in diesen Bereichen immer so absolut unbedeutend für jemanden, der auch nur ein bisschen Ahnung und Interesse an der Musik und ihrer Entwicklung hat. Aber die Entscheidung in diesem Jahr in der Kategorie „historisches Album“…. Ich hätte gerne geschrieben, sie macht mich sprachlos. Aber dem ist nicht so, wie man hier sieht. Ich kann nur hoffen, dass Musiksammler und -historiker, wie Rainer Lotz, und Labels, wie Bear Family, sich von solch einer Klamaukveranstaltung in Los Angeles nicht entmutigen lassen. „Black Europe“ ist und bleibt eine einzigartige Klang-, Sprach- und Musiksammlung, deren Wert man überhaupt nicht in Worte fassen kann.
Quelle:
http://blog.nz-online.de/peltner/2015/02/08/die-grammys-sind-wirklich-fuer-die-tonne/